Geliebter Graf,
ach so schwach ist‘s mir, dass meine Hand kaum die Feder halten kann!
Ein seltsam Fieber hat mich befallen und fesselt mich ans Bett. Meine
Kräfte schwinden zunehmend, während Ihr sicher sehnsuchtsvoll am
verabredeten Ort wartet! Oliande bot mir großmütig an, von der übrig
gebliebenen Pastete zu kosten – oh, ich hätt‘s wissen müssen!
Doch sorgt Euch nicht! Seid meiner immer währenden Liebe gewiss.
Längst glaub‘ ich Euren Worten. Euer letzter Bote ist eine gar treue
Seel: Euer Brief hat mich sicher erreicht. Doch ahn ich den Verbleib
des meinen: Zofe Mechthild fand man gestern verstört unterm
Schweinetrog, grunzend und mit irrem Blick! Die Angst beschleicht
mich, gar ähnlich Schicksal könnt‘ mich ereilen!
Immer heißer wird meine Stirn – doch will ich‘s zu Ende schreiben. Den
Brief und somit unser Schicksal geb‘ ich in die Hände von Martha,
meiner dritt ältesten Schwester. Mein eigen Blut kann ich vertrauen.
Letzte Nacht hat ich einen gar fürchterlichen Fiebertraum, den ich
Euch noch schreiben muss, bevor mich die Kräfte verlassen: Ich sah
Euch auf einem edlen Ross über die Wiese reiten. Euer jugendliches
Antlitz strahlte in der Morgensonne. Plötzlich verfinsterte sich der
Himmel und ein schauderhaftes Lachen ertönte. Auf Eurem Gesicht sah
ich mit einem Male Falten, auch Eure Hände wurden runzelig, Ihr
krümmtet Euch und fielet vom Pferd … dann schreckte ich aus dem
Schlaf. Oh weh, was geschieht mit uns?!
Müd‘ werd ich, die Feder entgleitet mir. Das kleine Schweinchen hüpft
im Stroh … hüpf hüpf … die Margerite miaut … die Sonne ist so
schön grün …